Die Erinnerung wachhalten!
Der Zeitstrahl im Kreuzgang des Hildesheimer Doms wird erneuert und erhält eine weitere Plakette.
Seit 2010 ziert er den Kreuzgang und bietet die Möglichkeit, sich mit einer Patenschaft an diesem historischen Ort zu verewigen: der Zeitstrahl. Nun ist er selbst in die Jahre gekommen und bedarf einer Komplettsanierung.
Ein fast 70 Meter langes Metallband, verschraubt unterhalb der Bögen an der Innenseite des unteren Kreuzgangs, visualisiert die 1200-jährige Geschichte des Bistums von 815 bis 2015. Kupfer-Plaketten für Einzeljahre und Jahrzehnte, gekauft von Patinnen und Paten, sind darauf befestigt. Entstanden ist der Zeitstrahl im Zusammenhang mit der Domsanierung 2009 als Projekt des Dombauvereins zur Gewinnung von Unterstützern für das Hildesheimer Welterbe Mariendom.
Durch die Umwelteinflüsse hat sich in der letzten Zeit die Lesbarkeit der 639 Plaketten so stark verschlechtert, dass nun eine Erneuerung notwendig geworden sei, sagt Jens Mahnken vom Hildesheimer Dombauverein. Außerdem haben sich aufgeklebte Plaketten gelöst und sind abgefallen. Nach sorgfältiger Prüfung wurde nun ein Konzept entwickelt, dass die Langlebigkeit des Zeitstrahls garantieren soll. Zur Prüfung des Materials und um die nachhaltige Lesbarkeit zu testen, wurde das Kupfer einem künstlichen Alterungsprozessen im Säurebad ausgesetzt. „Alle Plaketten werden nun geschraubt und wir haben eine wesentlich tiefere Gravur eingebracht“, beschreibt Martin Güse, Restaurator und Graveur, weitere Verbesserungen. Damit soll der Erhalt für mehrere Generationen sichergestellt werden, bis zum Ende des Jahres sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Firma Güse war bei der Erstmontage des Zeitstrahls 2010 noch nicht beteiligt, erst ab 2015 wurde sie als Partner herangezogen.
Die Restaurierung geschieht in enger Abstimmung mit den aktuell insgesamt 303 Patinnen und Paten, die über die notwendigen Maßnahmen informiert wurden. „Wir haben bei den Gesprächen ganz viel positive Resonanz erlebt“, sagt Barbara Scholz, Leiterin der Geschäftsstelle des Dombauvereins. Dabei ergaben sich auch neue Patenschaften, so wie die durch die Volksbank Hildesheimer Börde. Das Jahrzehnt 1776 bis 1785 wird in Zukunft die Gravur der Bank tragen. Marcus Hölzler, Niederlassungsleiter der Volksbank Hildesheimer Börde, schwärmt bei der Vorstellung der Plakette vom Kreuzgang als „einem der schönsten Orte in Hildesheim“. Als Volksbank werde man nun „Teil dieses Ensembles“ und könne dazu beitragen, „dass Erinnerungen nicht verblassen“.
„Es ist gut, dass es Orte gibt, wo wir nicht vergessen, sondern wo wir daran erinnert werden, dass Vergesslichkeit etwas sehr Gefährliches ist“, betont Weihbischof Heinz-Günter Bongartz, als Domdechant Hausherr im Hildesheimer Dom. Mit dem Vergessen verliere man das Leid und Elend der Menschen aus den Augen, so Bongartz mit Blick auf die aktuellen Kriege unserer Zeit: „Ob nicht das Schreckliche des Krieges eine Folge unseres Vergessens ist?“ Es brauche die Erinnerung daran, dass Unmenschlichkeit diese Welt zerstöre. Der Kreuzgang als Ort des Gedenkens zeige aber auch die vielen positiven Gegenbeispiele: „Es braucht die Erinnerung an gute Menschen, die gezeigt haben, wie man leben kann.“